Für Antoine Roquentin, Einzelgänger und Außenseiter in einer Provinzstadt, verliert das Leben plötzlich seine Selbstverständlichkeit. Unnachsichtig um Selbsterforschung bemüht, versucht er seinem immer stärkeren Ekel vor Dingen und Menschen auf den Grund zu gehen. Die Erfahrungen, Empfindungen und Visionen des Helden dieses ersten und bedeutendsten Romans des Existentialismus gaben Anstöße zu einer neuen Lebensphilosophie, die bis heute nichts von ihrer Brisanz eingebüßt hat.
Ein den Mitmenschen und der Außenwelt entgegengebrachtes, sich steigerndes
Ekelgefühl veranlasst den Gelehrten Antoine Roquentin, seine alltäglichen
Verrichtungen und Eindrücke minuziös aufzuzeichnen. Dabei kommt eine wachsende
sarkastische Distanz gegenüber dem bourgeoisen Milieu der Provinzstadt
Bouville, in der er sich zu Forschungszwecken aufhält, zum Ausdruck, z.
B. beim Besuch des Museums mit seinen Porträts erfolgreicher Bürger. Im
Mittelpunkt steht die radikal neue Erfahrung des Ekels: >>Jetzt begreife
ich; ich entsinne mich besser an das, was ich neulich am Strand gefühlt
habe, als ich diesen Kiesel in der Hand hielt. Das war eine Art süßliche
Übelkeit. Wie unangenehm das doch war! Und das ging von dem Kiesel aus,
ich bin sicher, das ging von dem Kiesel in meine Hände über. Ja, das ist
es, genau das ist es: eine Art Ekel in den Händen.<< Hinter dieser physischen
Empfindung alles Seienden, das als überflüssig empfunden wird, verbirgt
sich Sartres Sicht auf das Prinzip der Existenz, zu der die Materie und
die Menschen verurteilt sind. Die pessimistische, oft nihilistische Einsicht
in die Sinnlosigkeit solchen Daseins gewährt dem Tagebuchschreiber aber
auch eine Freiheit zweiten Grades. Am Ende der Aufzeichnungen beschließt
Roquentin, nach Paris zu ziehen. Die Kellnerin Madeleine legt ihm zum letzten
Mal eine Jazzplatte auf, und mit dem Erklingen der Melodie >>Some of these
days you'll miss me, honey<< entsteht in ihm die Idee, man könne durch
einen authentischen Akt seine Existenz rechtfertigen. Nachdem er die Alternative
>>Leben oder Erzählen<< zum Thema gemacht hat, mündet der Abschied aus
der Stadt für den 30-Jährigen, der sein Leben hinter sich zu haben glaubte,
in den Gedanken an eine >>andere Art von Buch. Ich weiß nicht so recht,
welche - aber man müsste hinter den gedruckten Wörtern, hinter den Seiten
etwas ahnen, das nicht existierte, das über der Existenz wäre.<<