Seit Dezember 2011 führt Julian Schutting ein künstlerisches Diarium, in dem er seinen Alltag reflektiert. Es hält nicht das jeweilige Tagesgeschehen fest, wie es die Eigenart von Tagebüchern ist - vielmehr wird das Erlebte, Wahrgenommene, Erdachte in eine poetische Wirklichkeit gefasst. Und das hat viel mit dem Gehen zu tun: Drei, vier Stunden ist der in Wien lebende Dichter täglich unterwegs, als Stadtflaneur und Wanderer, der mit einem geradezu phänomenalen Blick seine Umgebung beobachtet und im Gehen Texte entstehen lässt, die nachher am Schreibtisch ihre Form erhalten. Genauso sind ihm Zeitungsmeldungen ein Anlass des Niederschreibens, Wortfetzen eines Gesprächs in der U-Bahn, eine Opernarie, Reiseeindrücke und Kindheitserinnerungen. Das Erlebte und das Unterbewusste, manchmal in Form lyrischer Gebilde, bahnt sich seinen Weg. Hier ist ein unermüdlicher Tag- und Nachtarbeiter am Werk mit einem wachsamen Sensorium, im Unscheinbaren das Große und Bedeutsame zu erkennen. So entsteht also Kunst aus den kleinen Dingen des Alltags.