Abweichend vom orthodoxen Marxismus reduziert Adler indessen die Dialektik auf eine bloße Methodenlehre der Sozialwissenschaft, welcher keine Realdialektik des geschichtlichen Seins entsprechen soll. Ebenso lehnt Adler - darin einig mit anderen Theoretikern der zweiten Internationale wie Karl Kautsky und Karl Liebknecht - die Verbindung von wissenschaftlichem Sozialismus und Materialismus ab: der wahre Marxismus sei "in Wirklichkeit sozialer Idealismus". Der historische Materialismus verkehrt sich für Adler im Grunde in subjektiven Idealismus. Sein besonderes Interesse galt denn auch folgerichtig einer erkenntniskritischen Grundlegung der Soziologie, in der die Marx'schen Motive eine Verbindung mit dem Transzendentalismus Kants eingegangen sind. Den formalen Begriff von Demokratie kritisierend, differenzierte Adler zwischen der politischen Demokratie als Herrschaftsorganisation der bürgerlichen Klasse und einer sozialen Demokratie, in der mit den Klassengegensätzen zugleich die Unterdrückung abgeschafft sein und an ihre Stelle eine "solidarische Verwaltungsreform" der Gesellschaft treten solle. Die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft blieb für Adler gebunden an das Marx'sche 'Zerbrechen der Staatsmaschinerie' Adler schrieb diese Abhandlung im Jahr 1904.