Das Jahr 1802 stand für Ludwig van Beethoven unter keinem guten Stern. So hoffte er auf eine Anstellung am Kaiserlichen Hof zu Wien oder zumindest auf eine eigene Konzertreihe am Burgtheater - zwei Wünsche, die nicht in Erfüllung gehen sollten. Der Höhepunkt seines Unmuts wurde am 6. Oktober erreicht, als er das legendäre 'Heiligenstädter Testament' verfasste - ein verzweifelter Rundumschlag, in dem er die fortschreitende Schwerhörigkeit als "Demütigung" beklagt. Dennoch komponierte er in besagtem Jahr eine Reihe an Werken, die zu den bedeutendsten aus seiner Feder zählen: die Romanze in G-Dur für Violine und Orchester, ein Klaviertrio, zwei Variationszyklen und die fantastischen Klaviersonaten Op.31. In Anbetracht der äußeren Umstände verwundert es nicht, dass Beethoven für die zweite Sonate Der Sturm die Tonart d-Moll wählte, die laut Christian Schubart von einer "schwermüthige(n) Weiblichkeit, die Spleen und Dünste brütet" gekennzeichnet ist. Diese Sonate Op.31 d-Moll ist auch die eröffnende und zentrale Komposition auf Angela Hewitts aktueller Einspielung mit Klaviersonaten Beethovens. Wie gewohnt liefert die Ausnahmepianistin dabei ein Produkt der Extraklasse: aufgenommen bei ihrem Hauslabel HYPERION in der Jesus-Christus-Kirche in Berlin-Dahlem mit ihrer legendären Akustik, betreut durch den hochangesehenen Tonmeister Ludger Böckenhoff, versehen mit einem persönlichen Vorwort der kanadischen Künstlerin. Der einleitenden D-Moll-Sonate folgen die Sonaten Es-Dur Op.27/1, G-Dur Op.79 und E-Dur Op.109. Die Aufnahme ist die siebte Folge der hoch bewerteten Beethoven-Reihe, die sämtliche Kritiker weltweit in helle Begeisterung versetzt. Was sollte Angela Hewitt ernsthaft davon abhalten, mit ihrer neuen Einspielung vergleichbare enthusiastische Reaktionen hervorzurufen?