Studienarbeit aus dem Jahr 2000 im Fachbereich Theologie - Praktische Theologie, Note: 1-, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Evangelische Theologie), Sprache: Deutsch, Abstract: Schon beim ersten Lesen von Jesaja 50, 4-9 werde ich in die starke Bewegung des
Textes hineingezogen. Es ist ein Auf und Ab der Gefühle und Gedanken. Ein nicht
enger zu denkendes Gottesverhältnis - jeden Morgen weckt er mir das Ohr! - wechselt
ab mit der Schilderung von Geschmähtsein und großem Leiden, um dann doch wieder,
trotz diesen Leidens, dieser Anfeindungen, zu der Enge und nicht zu zerstörenden
Sicherheit der Gottesbeziehung zurückzukehren. Bei dieser Dynamik des Textes
bleibt aber eines beständig - das ist das tiefe Vertrauen des Sprechers zu Gott.
Die beiden Pole - Niedrigkeit auf der einen und Hoheit auf der anderen Seite - tiefstes
Leiden und höchste Nähe und unerschütterliche Zuversicht auf Gottes Hilfe - machen
mich nachdenklich, sie verwundern mich, geben Hoffnung. Woher nimmt die Person
die Kraft zu diesem festen Vertrauen auf Gott trotz der Schläge, der Schande und der
Schmerzen? Woher diese absolute Sicherheit - ich werde nicht zuschanden? Woher
die absolute Sicherheit, dass Gott auf ihrer Seite steht?
Auch andere Fragen tauchen auf: Wer ist dieses Ich? Wer spricht hier so völlig
überzeugt von seiner unzertrennlichen Beziehung zu Gott? Wer sind die Müden, die
die Person trösten soll? Wann ist die rechte Zeit, zu der die Müden Hilfe, Worte
brauchen? Und: weshalb leidet diese Person? Unter wem leidet sie? Kein Wort wird
darüber gesagt.
Mich erstaunt die Sicherheit und Souveränität, die diese Person ausstrahlt. Souverän
erträgt sie das ihr zugefügte Leiden, ja, fast geht sie ihm aktiv entgegen. Aber ebenso
souverän stellt sie sich über das Leiden - sie weiß, dass sie nicht zuschanden werden
wird, weil Gott auf ihrer Seite steht. Souverän, beinahe schon zu selbstbewusst, zu
arrogant, ruft sie ihre Gegner vor Gericht. Sie ist sich sicher, dass das Recht auf ihrer
Seite ist. Vielleicht ist es keine Arroganz, sondern ein großes "Trotzdem ist Gott auf
meiner Seite!", ein "Trotzdem" gegen das ungerechte Leiden, dem die Person
ausgesetzt ist, ein "Trotzdem", welches auch hart macht, als letzter Ausweg, um die
Anfeindungen ertragen zu können. Verhärtung heißt aber auch, die Möglichkeit zur
Kommunikation, zum Dialog mit seinen Gegnern zu verlieren. Menschen zeigen keine
Gefühle, erscheinen gleichgültig, können nicht mehr auf andere eingehen, sind nicht
mehr sensibel für deren Probleme und Sorgen. [...]