Mit Golems Totems. Million Dollar Kirschen und verstimmte Vögel legt Jinn Pogy ihr mit Spannung erwartetes Debüt vor. Sich in der Poesie zu verstecken ist nicht Jinn Pogys Art, ihre Poesie ist aufreizend, aufdeckend, aufweckend. In ihren Texten geht Jinn Pogy dahin, wo es schmerzt: Sie beleuchtet mit kühler Präzision in ihren Gedichten unser Alltagserleben und lässt das letzte Tabu, den Blick ins Private, dabei nicht aus.
Noch bevor die zierliche Künstlerin in schwarzem Trenchcoat und breitkrempigem Hut die schummrige Bühne betritt, lesen wir an die Wände projizierte Warnungen: Die Autorin gehöre keiner Religion, Partei oder Bewegung an und ihre Äußerungen seien nur poetisch zu verstehen. Wer bezüglich seiner Weltanschauung empfindlich sei, möge bitte den Raum verlassen. Nicht zufällig fand die Buchpremiere von Jinn Pogys "Golems Totems" in einer Kunstgalerie statt, sind die poetischen Performances dieser Berliner Lyrikerin doch meistens mehr als reine Gedichtlesungen: mediale Inszenierungen aus Klängen und Bildern, künstlerische Aktionen, performativ-rituelle Verlebendigungen von Text.Ihren Gedichtband "Golems Totems - Millionen-Dollar-Kirschen und verstimmte Vögel" legt die seit einigen Jahren in der Berliner Literatur- und Kunstszene aktive Dichterin mit der eindringlich leisen Stimme nun im Verlagshaus J. Frank vor, das sich derzeit zu einem der umtriebigsten Publikationsorgane der hauptstädtischen Lyrikszene entwickelt. Jinn Pogy, die auch als Redakteurin von "lauter niemand" tätig ist, gehört zu keiner Dichtergruppe und ganz gewiß nicht zu den "jungen Milden". Ihre klug gezähmte Wortwut, die energiereiche Mischung von Sounds und Anspielungen auf überkommene kulturelle Resonanzräume, vor allem aber ihre beharrliche Suche nach poetischer Trance lassen vielmehr an eine eigenwillige Weiterentwicklung von Beatnik-Literatur denken, als an einen der derzeitigen Lyriktrends aus den staatlichen Schreibschulen.Jinn Pogys gänzlich heutige und diesseitige Sujets imaginieren die Jetztzeit nicht als neue Epoche, sondern machen die existenziellen Wurzeln spürbar, aus denen die Gegenwart und auch unsere poetischen Konzepte gewachsen sind. In den Gedichten spiegeln sich das rasante Mash-up-Empfinden urbanen Nomandentums und das Überangebot an aktuellen Erlösungsangeboten wider, das unsere brennende Sehnsucht dennoch kein bisschen stillen kann. "Lost in postpoetry" schlagen diese vibrierenden Texte deshalb statt Weltverbesserung oder Weltuntergang eine "Weltunterbrechung" vor. Jinn Pogy stochert in der Glut vergangener Revolutionen und blickt neugierig auf die Überreste verschiedenster Weltanschauungen, um aus dem Brauchbaren mit spielerischem Weitblick Überlebensmittel für morgen zu generieren. Um die soghafte Wirkung ihrer Texte zu belegen, müsste man sie, da einzelne Zeilen nur einen ungenügenden Eindruck geben können,