Unternehmensrestrukturierungen können nicht länger als eine temporäre Krise verstanden werden. Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass Restrukturierungen in vielen Betrieben und sogar in Regionen oder Sektoren zu einem wiederkehrenden und andauernden Prozess geworden sind. Häufig jedoch erzielen Restrukturierungsprozesse die angestrebten Effekte einer gesicherten oder erhöhten betrieblichen Rentabilität nicht. Stattdessen gefährden Restrukturierungen die physische und psychosoziale Gesundheit von allen Angehörigen des Unternehmens. Neben der Aufdeckung von bereits vorher existierenden Gesundheitsproblemen mussten auch Chronifizierungen dieser Erkrankungen sowohl bei den entlassenen Beschäftigten als auch bei den Überlebenden der Restrukturierung festgestellt werden. Doch nicht nur die vermehrten Arbeitsunfähigkeitsraten und die Anwesenheit von kranken Beschäftigten am Arbeitsplatz verschlechtern die betriebliche Leistung. Einige der Irritationen, die Restrukturierungen verursachen können, behindern zudem direkt die innerbetriebliche Kommunikation und Kooperation. Deshalb sollten Restrukturierungen als individuelle und auch als betriebliche Stressoren verstanden werden. Um die Risiken von Unternehmensrestrukturierungen wirksam einzuschränken, müssen verschiedene Akteursgruppen auf individueller, Unternehmens- und gesellschaftlicher Ebene zur Implementierung von gesünderen Veränderungsmaßnahmen zusammenarbeiten und einen sozialen Geleitschutz bei beruflichen Übergängen für Arbeitnehmer schaffen, die von Entlassung betroffen sind. Die europäische Expertengruppe zur Gesundheit in Restrukturierungen (HIRES) wurde von Prof. Dr. Thomas Kieselbach von der Universität Bremen koordiniert und vom Generaldirektorat Beschäftigung der Europäischen Kommission unterstützt. Sie legt mit diesem Bericht einen umfassenden Überblick vor über die Auswirkungen von Unternehmensrestrukturierungen und die sozialen Rahmenbedingungen und Veränderungsmaßnahmen, die für eine "gesündere Restrukturierung" berücksichtigt werden sollten. Die Ergebnisse dieses Projektes beruhen auf der interdisziplinären Fachkenntnis von 15 europäischen Projektpartnern und 12 externen Experten. Mit ihren Politikempfehlungen und den Fallstudien von innovativen Ansätzen auf Unternehmens- und regionaler Ebene richtet sich der Bericht gleichermaßen an politische Entscheidungsträger, staatliche Institutionen wie Gewerbeaufsichtsbehörden oder Bundesanstalten, Manager, Gewerkschaften, Mitarbeiter im Bereich Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit, Anteilseigner, Beschäftigte und Wissenschaftler. Die HIRES-Empfehlungen sind sogar noch bedeutender, wenn wir die aktuelle Krise mit ihren beispiellosen Auswirkungen auf die Beschäftigung und die Gesundheit von Beschäftigten berücksichtigen.